FW-Bürgermeister aus verschiedenen Gemeinden Niederbayerns kamen zum ersten Bürgermeistertreffen der
Freien Wähler


Mirskofen/Landshut. Eine ganz besondere Veranstaltung konnte am Samstag, 9. April der neue FW-Bezirksvorsitzende Hubert Aiwanger im Gasthaus Luginger in Mirskofen (Landkreis Landshut) eröffnen: erstmals wurde versucht, Bürgermeister der Freien Wähler aus ganz Niederbayern an einen Tisch zu bekommen, um gemeindeübergreifend auf die aktuellen Probleme der Kommunen und damit der Bürger hinzuweisen und Lösungsansätze anzubieten. Immerhin 25 Bürgermeister aus zahlreichen niederbayerischen Landkreisen, von Kelheim über Landshut, Straubing, Deggendorf bis Regen und Freyung-Grafenau waren der Einladung gefolgt, womit Hubert Aiwanger durchaus zufrieden war, denn immerhin hatte zusätzlich eine ebenso große Anzahl von Bürgermeistern Interesse an der Veranstaltung bekundet, konnte aber wegen Terminüberschneidungen nicht teilnehmen.
 

Es ging auch schnell zur Sache, denn immerhin warteten zahlreiche Bürgermeister mit Redebeiträgen auf. Fritz Wittmann, 1. Bgm von Essenbach und Bürgermeistersprecher des Landkreises Landshut forderte in seinem Eingangsreferat eine "umfassende kommunale Finanzreform", um die bayerischen Gemeinden wieder handlungsfähig zu machen. Die kommunalen Investitionen seien aufgrund von Finanzproblemen vom Jahr 2003 auf 2004 um 10% zurückgegangen, also bayernweit 300 Millionen Euro. "Wenn die Gemeinden nicht mehr investieren können, fehlen die Aufträge für die heimischen Firmen, Arbeitslosigkeit ist die Folge", so Wittmann. Zum größten Problem für die Kommunen entwickelten sich aber die Ausgaben im Sozialbereich, nicht zuletzt durch Hartz 4, und die Umlagenerhöhungen. Wegen der hohen Ausgaben im deutschen Sozialwesen bezeichnete es Hubert Aiwanger als "Armutszeugnis, daß wir bei über 5 Millionen Arbeitslosen 800 000 ausländische Saisonarbeiter zur Spargelernte usw. brauchen und dafür auch noch 48% des Lohnes z.B. in die polnischen Sozialkassen einzahlen müssen, während unsere eigenen Sozialkassen vor dem Ruin stehen. Wenn unsere Leute diese Arbeit wirklich nicht den ganzen Tag durchhalten, dann sollen eben die einen Vormittag arbeiten und die anderen Nachmittag". Hier traue sich die Politik aber offensichtlich nicht ran.

"Ein Infrastrukturprogramm Ostbayern" forderte anschließend Ludwig Waas, Bürgermeister von Niederwinkling, der für seine Gemeinde den "Bay. Qualitätspreis für wirtschaftsfreundliche Gemeinden" erhielt. Die Bay. Staatsregierung fördere heute nur noch "punktuell in Ballungsräumen", der ländliche Raum werde ausgehungert. Der Staatsstraßenbau befinde sich in einem "verheerenden Zustand". Die Kürzungen in unserer Region seien "katastrophal", ob im Krankenhausbereich, bei Kindergärten, im Abwasserbereich, beim Kfz-Steueraufkommen u.s.w., im Schnitt 50% Kürzungen innerhalb eines Jahres. Im Wahljahr 2002 habe es noch 250 Millionen Euro für den Straßenbau gegeben, jetzt 150 Millionen, "kurz vor den nächsten Wahlen werde es wahrscheinlich wieder etwas mehr geben, um die Wähler zu beschwichtigen." Hubert Aiwanger bewertete in diesem Zusammenhang "das Gerede von der Aufsteigerregion Niederbayern" als "Lebenslüge der niederbayerischen CSU: das einzige, was bei uns in den letzten Jahren gestiegen ist, ist die Arbeitslosigkeit und die Gemeindeverschuldung." Kritisiert wurde in diesem Zusammenhang auch das "umstrittene Prestigeprojekt Transrapid im Erdinger Moos", wo die bay. Regierung für eine 30km-Strecke rund eine halbe Milliarde Euro ausgeben will, "während wir in vielen Gegenden Bayerns teilweise Straßenzustände haben wie in der Ex-DDR". Wenn das so weitergehe, werde Niederbayern bald wieder das Armenhaus, das wir vor 40 Jahren waren, so Hubert Aiwanger. Hierauf sagte ein Bürgermeister aus dem Landkreis Freyung-Grafenau: "dieses Armenhaus sind wir schon heute. Tschechien bekommt massive EU-Fördermittel, wir kriegen nichts, die Firmen gehen reihenweise Pleite, die Arbeitslosigkeit beträgt 15%, die jungen Leute wandern ab". Diese Entwicklung bestätigte auch Heinrich Schmid, 3. Landrat von Regen, in Bezug auf das geplante riesige Einkaufszentrum gleich jenseits der Grenze, welches bis zu 80% gefördert werde und obendrein noch über Jahre Steuerfreiheit haben werde.  

Zum Thema Firmenverlagerung stellte FW-Bezirksrat und Rottenburgs Bürgermeister Hans Weinzierl fest, daß innerhalb nur eines Jahres 800 Firmen aus Bayern - sehr viele davon aus Niederbayern und Oberbayern - abgewandert seien, die Hälfte davon nach Österreich, "über das wir früher gelacht haben". Um diesem Trend zu begegnen, forderte er unter anderem weniger Vorschriften seitens der Landesplanung, um Betriebsansiedlungen bei uns nicht sinnlos zu erschweren. Er selbst beispielsweise habe in Rottenburg schon "leidvolle Erfahrungen" mit dem sogenannten "Harmonisierungsgebot" bei der Gewerbeansiedlung gemacht. Darüber hinaus müsse die Regionalplanung "ersatzlos gestrichen" werden, da sie nur "den Kommunen sinnlos das Leben schwer macht". Eine weitere Forderung bezüglich Verwaltungsreform mit Einspareffekt sehen die Freien Wähler darin, die Posten von Regierungspräsident und Bezirkstagspräsident zu einem zu verschmelzen und diesen dann direkt vom Volk wählen zu lassen, ähnlich dem Landrat.

Zur Schulpolitik forderte Andreas Kellerer, 3. Bürgermeister von Obersüßbach, den pädagogischen Wert von kleineren Schulen und Klassen entsprechend zu beachten. Um 500 Lehrerplanstellen einzusparen, würden von der bayerischen Politik derzeit aber kleine Schulen aufgelöst und unübersichtlich große Schuleinheiten geschaffen. "Was kurzfristig an Lehrern eingespart wird, wird erfahrungsgemäß langfristig an Sozialpädagogen usw. wieder benötigt, weil die Schüler nicht mehr so individuell betreut werden können".

Josef Popp, 2. Bürgermeister von Furth regte an, angesichts knapper Finanzmittel bei den Kommunen noch mehr nach privatwirtschaftlichen Aspekten vorzugehen und etwa im Bereich der Bauhöfe noch mehr Zusammenarbeit über Gemeindegrenzen hinweg zu suchen. Die Veranstaltung wurde von allen Beteiligten als sehr gelungen bezeichnet, so daß schon wieder eine Folgeveranstaltung, diesmal wohl weiter Richtung bayerischen Wald, ins Auge gefaßt wurde. "Die Freien Wähler werden im Interesse der Bürger die Mißstände in der gegenwärtigen Politik ansprechen, vielleicht gelingt es uns, die derzeitigen politischen Entscheidungsträger zum Handeln zu zwingen", so Hubert Aiwanger abschließend.