BAYERN  vom 03.02.2004

Freie Wähler vor neuer Zerreißprobe

Niederbayern fordern vehement Parteigründung - Dr. Helmut Steininger Landesvorsitzender?

von Walter Schöttl
Deggendorf. Der Aufstand kommt aus Niederbayern: Die Freien Wähler betreiben die Gründung einer Partei. Bisher sind sie nur ein eingetragener Verein. Bei der Bezirksversammlung am Sonntagabend in Deggendorf/Fischerdorf versuchte der designierte Landesvorsitzende Johann Deuerlein (Hilpoltstein) die Forderungen niedrig zu halten: Dafür werde es bei der Landesversammlung im März keine Mehrheit geben. Es könnte wie schon 1998 zu einer Zerreißprobe kommen.

Eigentlich hatte der Vorsitzende der FW-Bezirkswählergruppe, Dr. Helmut Steininger, nur einen "informellen Zirkel" zu denkbar ungünstiger Zeit am Sonntag erwartet. Der überraschend große Zuspruch ließ schon erahnen, dass "Zündstoff" in der Luft lag.
Eigentliche Hauptthemen sollten die Diskussion um den Nachfolger für den nach 25 Jahren aus dem Amt scheidenden Vorsitzenden des Landesverbands, Landrat Armin Grein (Main-Spessart), sein. Dazu hatten sich auch sein designierter Nachfolger Bürgermeister Johann Deuerlein und die stellvertretende Landesvorsitzende Eva Gottstein (Eichstätt) eingefunden.
Steininger erinnerte an die für die Freien Wähler enttäuschende Landtagswahl 2003, kündigte aber gleichzeitig an: "Wir wollen es nochmal packen." Dazu müssten im März die personellen und organisatorischen Weichen gestellt werden. Vor allem müsse man das verwirrende Nebeneinander von Verband und Wählergruppe unter einen Hut bekommen. Die Möglichkeiten eines Zusammenschlusses würden derzeit juristisch geprüft.
In jedem Fall aber, so Steininger, sollte künftig bei den Vorstandschaften des Verbands und der Wählergruppe auf Landes- und Bezirksebene Personalunion hergestellt werden.

Der Bezirksvorsitzende gab die Hauptschuld für die Niederlage bei den Landtagswahlen der kurzen Vorbereitungszeit. Mit dem Projekt "Freie Wähler 2008" beginne man bereits jetzt mit den Vorbereitungen für die Landtags- und Bezirkstagswahlen.

In der Diskussion wurde der Ruf nach einer Parteigründung laut, nicht zuletzt, um auch in den Genuss von Geldern aus der Wahlkampferstattung zu kommen. "Nur mit Mitgliederbeiträgen kann man eine Wahlschlacht nicht führen", sagte ein Diskussionsteilnehmer. Heinrich Schmidt vom Kreisverband Regen brachte es unter viel Beifall auf einen Nenner: "So wie jetzt können wir nicht weitermachen. In der Öffentlichkeit werden wir als Partei gesehen, deshalb sollten wir auch den Schritt zur Partei wagen, sonst gibt es Probleme in den niederbayerischen Kreisverbänden."

Landesvorsitzender Deuerlein warnte: Mit der Parteigründung verliere man den Charme als Freie Wähler. Im Übrigen werde es dafür bei der Landesdelegiertentagung keine Mehrheit geben. So sah es auch Stellvertreterin Eva Gottstein: "Ich wäre nicht abgeneigt, aber es ist ein reines Rechenexempel: Außer Niederbayern, der Oberpfalz und Mittelfranken macht kein Bezirk mit."

Bezirksvorsitzender Steininger versuchte es mit einem Kompromiss: Zunächst sollten die Straffung der Organisation und Verabschiedung eines Grundsatzprogramms ("Als liberalkonservative Alternative mit sozialem Gewissen") in Angriff genommen werden, in den nächsten Jahren könne man immer noch darüber diskutieren, "ob wir nicht formell Partei werden sollten".

Das ging vielen Versammlungsteilnehmern nicht weit genug: Sie forderten eine dem niederbayerischen Wahlergebnis entsprechende Präsenz im Landesverband und - wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand - eine (Gegen-) Kandidatur von Bezirkschef Dr. Steininger.